Die Faszination für das Unbekannte treibt den Fortschritt an. Dank ihr behaupten sich Lebewesen in einer sich stetig wandelnden Umwelt. Somit prägt Neugier die menschliche Entwicklung wesentlich. Doch was steckt dahinter? Forschende vermuten, dass Neugier weniger eine feste Persönlichkeitseigenschaft ist, sondern ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Hirnregionen. Dr. Petra Mocellin und das Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Dr. Stefan Remy am Leibniz-Institut für Neurobiologie (LIN) haben erstmals einen neuronalen Schaltkreis im Gehirn entschlüsselt, der der Neugier zugrunde liegt.
Die Ergebnisse wurden kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift Neuron veröffentlicht.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Neurobiologie (LIN) in Magdeburg konnten erstmals einen bisher nur vermuteten neuronalen Schaltkreis zwischen zwei Schlüsselregionen des Gehirns nachweisen. Zwischen diesen beiden Hirnarealen besteht ein dynamisches Gleichgewicht, das darüber entscheidet, ob die Angst vor Neuem oder dessen Anziehungskraft überwiegt. Der neu entdeckte Schaltkreis vermittelt den Antrieb, die Umgebung zu erkunden und damit der Neugier nachzugehen.
Diese Entdeckung wirft ein neues Licht auf die biologischen Grundlagen menschlicher Neugier und könnte weitreichende Auswirkungen auf die Erforschung und Behandlung von Krankheiten haben, die die Fähigkeit und Motivation einschränken, neue Informationen zu suchen und zu verarbeiten. Dazu zählen psychische Erkrankungen wie Depression, Schizophrenie, Autismus-Spektrum-Störungen, sowie Lernstörungen.
Die aktuelle Studie konzentriert sich auf die Wechselwirkung zwischen dem medialen Septum, einer Schnittstelle zwischen Emotionen, Gedächtnis und nicht-willkürlichen Körperfunktionen, und dem ventralen tegmentalen Areal, das eine zentrale Rolle bei Belohnung und Motivation spielt. Das Zusammenspiel dieser beiden Hirnareale treibt den Organismus dazu an, die Umwelt zu erforschen, selbst wenn es keine unmittelbare Notwendigkeit oder Belohnung gibt. Diese ungerichtete Suche nach Informationen, also Neugier, hat eine wichtige evolutionäre Bedeutung, da das Wissen über die Umwelt die Überlebenschancen erhöht.
Durch den Einsatz optogenetischer Methoden bei Mäusen, also das gezielten An- und Ausschalten eines neuronalen Schaltkreises, konnten Dr. Petra Mocellin und ihr Team beobachten, wie die Aktivität der Nervenzellen die Neugier vorantreibt, während sie gehemmt wird, wenn der Schaltkreis inaktiv ist.
Das Team der Abteilung Zelluläre Neurowissenschaften am LIN konnte genau dieses von Neugier getriebene Erkundungsverhalten bei Mäusen auslösen. Die Mäuse, bei denen dieser Schaltkreis aktiviert wurde, zeigten ein deutlich gesteigertes Interesse an unbekannten und potenziell angstauslösenden Umgebungen. Um das zu erkennen, nutzten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler künstliche Intelligenz, die das Verhalten der Mäuse besser analysierte als jeder Mensch es könnte. Das LIN untersucht nun, wie diese Erkenntnisse für Mensch und Gesellschaft eingesetzt werden können.
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