DFG fördert Kooperation zu Ortszellen und räumlichem Lernen

 

Forschende aus Magdeburg und Erlangen untersuchen gemeinsam, wie unser Gehirn lernt, sich in Räumen zu orientieren und Erinnerungen speichert. Am Leibniz-Institut für Neurobiologie (LIN) analysieren Wissenschaftler:innen, wie Neuronen im Hippocampus unser räumliches Lernen steuern. Dafür nehmen sie im Zeitraffer auf, was im Gehirn von Mäusen geschieht, während sie verschiedene Orientierungsaufgaben lösen. So gewinnen sie umfangreiche Daten, die im zweiten Schritt von Kooperationspartnern an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) mit einem eigens entwickelten KI-Tool ausgewertet werden. 

Orientierung bewegt viel im Gehirn

Ortszellen im Hippocampus spielen eine zentrale Rolle bei der räumlichen Orientierung und Gedächtnisbildung. Sie bilden eine "kognitive Karte" der Umgebung und ermöglichen das Verständnis räumlicher Beziehungen. Diese Neuronen verfügen über viele kleine Verzweigungen, die dendritischen Dornen, mit denen sie Informationen von Tausenden ihrer Nachbarn empfangen. Diese Dornfortsätze sind sehr anpassungsfähig: Sie ändern ständig ihre Form und Anzahl. Auch ändert sich die Aktivität dieser Neuronen mit der Zeit, sodass, selbst wenn wir dieselbe Umgebung mehrmals besuchen, jedes Mal eine andere Ortszelle für die Kartierung desselben Orts zuständig ist.

Die Dornfortsätze (grün) an den Fortsätzen von Nervenzellen, sogenannte Dendrite (magenta), unseres Hirns spielen eine wichtige Rolle in unserer Wahrnehmung und Sinnesverarbeitung, beispielsweise bei der räumlichen Orientierung. Sowohl die Form als auch die Zahl dieser Dornen verändert sich permanent, was es schwierig macht, dynamische Prozesse zu beobachten und zu verfolgen. Hier hilft künstliche Intelligenz, die Dendrite und Dornfortsätze markiert und so die Grundlage für komplexe zeitliche Beobachtungen und Berechnungen schafft. Bild: Andreas Kist/ Martin Fernholz

Moderne Bildgebung und KI-gestützte Analysen

Wie es den Ortszellen trotz ihrer permanenten Veränderung gelingt, eine zuverlässige kognitive Karte zu erschaffen, untersuchen nun Alessio Attardo (LIN) und Andreas Kist (FAU) im Rahmen ihres Kooperationsprojekts. Dazu nehmen die Magdeburger Forschenden Zeitrafferaufnahmen aus den Gehirnen von Mäusen auf, während diese Orientierungsaufgaben lösen. Alessio Attardo erklärt: Durch die kontinuierliche Aufnahme der Gehirnaktivitäten, während die Mäuse ihre Aufgaben erledigen, können wir verstehen, wie sich die Verbindungen zwischen Nervenzellen verändern, um Erinnerungen langfristig zu speichern.“

Bisher waren solche Untersuchungen sehr aufwendig, da die Verfolgung kleinster Veränderungen in den dendritischen Dornen über die Zeit schwierig war. Mit der Kombination aus Zwei-Photonen-Bildgebung und KI-gestützten Analyse wird dies nun möglich.

Die in Magdeburg aufgenommenen hochauflösenden Bilder werden von Andreas Kist in Erlangen mithilfe einer spezialisierten KI-Anwendung ausgewertet, die feinste Veränderungen und Muster sichtbar macht. Das System basiert auf Deep3D, einer Open-Source-Anwendung, die es ermöglicht, neuronale Strukturen bis ins kleinste Detail zu analysieren. Das ist von grundlegender Bedeutung für die Arbeit von Alessio Attardo, denn: „dank moderner Bildgebung und KI-Technologie erhalten wir erstmals ein vollständiges Bild davon, wie sich neuronale Verbindungen in Echtzeit verändern.

Förderung und Bedeutung

Das Projekt „Unterstützten die Stabilität der exzitatorischen synaptischen Konnektivität und die neuronalen Darstellungen im Hippocampus das räumliche Lernen?“ wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit insgesamt 500.000 Euro gefördert. „Die Förderung durch die DFG unterstreicht die Relevanz unserer Forschung an der Schnittstelle von Neurobiologie und künstlicher Intelligenz.“, betont Stefan Remy, Wissenschaftlicher Geschäftsführer des LIN.

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