AG Brain-Machine Interface
Die AG Brain-Machine Interface (BMI) beschäftigt sich mit neurophysiologischen Verfahren, die es gestatten, geplante Aktionen aus der gemessen Hirnaktivität des Menschen - insbesondere aus dem Elektroenzephalogramm (EEG) - zu erkennen. Dabei liegt unser Fokus auch auf der Dekodierung von Aufmerksamkeit, was eine Kommunikation mittels kognitiven Prozessen durch bewusste Reaktion auf einen Zielreiz ermöglicht, z.B. das Aufleuchten einer Schaltfläche.
Wir verfolgen das Ziel, bei Patienten mit motorischen oder sensorischen Beeinträchtigungen, etwa nach Schlaganfall oder Querschnittsyndrom, ausgefallene Funktionen teilweise durch hirngesteuerte Geräte zu ersetzen.
Für die Entwicklungen nutzen wir neben dem EEG auch das Magnetenzephalogramm (MEG), also das hirneigene Magnetfeld, sowie die funktionelle Kernspintomographie (fMRI). Zur Auswertung kommen u.a. Ansätze des maschinellen Lernens zum Einsatz.
- Leiter
Leiter
Die Arbeitsgruppe wurde seit ihrer Gründung von Prof. Dr.-Ing. Hermann Hinrichs geleitet, der im Februar 2023 in den Ruhestand verabschiedet wurde. Seit März 2023 wird die AG von Dr. Christoph Reichert geleitet.
Christoph Reichert studierte von 2001 bis 2007 Informatik an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Danach arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Universitätsklinik für Neurologie in Magdeburg. Seit 2015 ist er am LIN angestellt. Seine Promotion schloss er 2016 an der Fakultät für Informatik der Otto-von-Guericke Universität ab.
Seine Arbeit am LIN war von einer engen Kooperation mit dem Forschungscampus STIMULATE begleitet, an welchem er die Forschungsgruppe Brain-Machine-Interfaces von 2018 bis 2019 leitete. Seit 2022 ist er einer der Postdoc-Vertreter am LIN. Sein Hauptinteresse liegt bei der Anwendung von Maschinellem Lernen zur Dekodierung von elektrophysiologischen Hirnsignalen.
- Mitglieder
Mitglieder
Leiter Dr. Christoph Reichert +49-391-6263-92311 christoph.reichert@lin-magdeburg.de Sekretariat Carola Schulze +49-391-6263- 92031 carola.schulze@lin-magdeburg.de Doktoranden MSc. Lisa Klemm lisa.klemm@lin-magdeburg.de Technisches Personal Steffi Bachmann Studierende Julie Morgan Alumni Ardiansyah Esmondo (Msc) Fabian Igor Tellez Ceja (Msc) Amr Farahat (Msc) Bernadette Schneider (Dr.-med.) David Weizel (Msc) Bernadette Schneider (Dr.-med.) - Projekte
Projekte
Visuelle räumliche Aufmerksamkeit als Steuersignal
In diesem Projekt entwickeln wir neuartige Paradigmen, die es ermöglichen, unabhängig von Augenbewegungen, durch bloße visuelle Aufmerksamkeit auf in der Peripherie präsentierte Symbole (N2pc-Paradigma), Steuersignale zu generieren. Dafür dekodieren wir das Elektroenzephalogramm mit einem effizienten dedizierten Algorithmus. Langfristig soll dieses Verfahren dahingehend erprobt werden, schwer gelähmten Patienten ein Mittel zur Kommunikation bereitzustellen. Ein Video dazu finden Sie hier.
Unidirektionale Kommunikation mittels hyperscanning Brain-Computer Interface
Hyperscanning ist eine Technik, mit der die Hirnaktivierungen mehrerer Personen gleichzeitig gemessen werden. Bisher wurde diese Technik genutzt, um kollaborative BCIs zu erproben, wobei die Teilnehmer zeitgleich dasselbe Ziel verfolgen, d.h. einen Befehl mittels Hirnaktivierung generieren. Wir wollen in diesem Projekt diese Idee erweitern und die Synchronität bzw. Asynchronität zweier simultan gemessener Elektroenzephalogramme dafür nutzen, Informationen von einer Person zu einer anderen Person zu übertragen. Ziel ist es, zu zeigen, dass eine für dritte Personen verborgene Kommunikation möglich ist, und Methoden für andere Bereiche zu entwickeln, in denen hyperscanning verwendet wird, z.b. bei der Untersuchung der Synchronisation von Hirnaktivität bei sozialer Interaktion.
Abgeschlossene Projekte:
Diagnostic Glove: Disease Diagnoses in daily life from wearable kinematics
Eine Kooperation mit der Klinik für Neurologie und dem IKND
Dieses Projekt hatte zum Ziel, mithilfe von Datenhandschuhen, das sind mit Sensoren ausgestattete Handschuhe oder Exoskelette, bestimmte motorische Krankheitsbilder frühzeitig zu erkennen. Bestimmte motorische Erkrankungen lassen sich im Frühstadium anhand typischer Bewegungsmuster der Hand subjektiv kaum unterscheiden, im weiteren Verlauf führen sie aber Prognosen mit unterschiedlich dramatischen Folgen herbei. Anhand der Sensordaten in Kombination mit Machine-Learning Techniken haben wir typische Muster identifiziert, die mit natürlichen Handbewegungen in verschiedenen Altersgruppen einhergehen. Die dynamisch veränderliche Natur von individuellen Bewegungen stellte eine besondere Herausforderung für eine Dekodierung dar. Schließlich haben wir Handbewegungsdaten von ALS Patienten und einer Kontrollgruppe untersucht, um typische Muster der Beeinträchtigung, die spezifisch für dieses Krankheitsbild ist, zu charakterisieren.
Brain-Machine Interface – OP-Planung und Selektionsverfahren (als Teilprojekt des Forschungscampus STIMULATE)
Das Projekt befasste sich mit der Erforschung von Paradigmen und Algorithmen, die es ermöglichen, Hirnfunktion für eine robuste BMI-Steuerung bei unterschiedlichen Formen der Hirnläsion nach Schlaganfall zu identifizieren. Dies umfasste einerseits die individuelle optimale Lokalisation nichtinvasiver oder invasiver Elektroden(grids) und ermöglichte andererseits, im Einzeltrial, also in Echtzeit intendierte Aktionen zu detektieren und daraus Maschinenbefehle zu generieren. Daher wurden in diesem Arbeitspaket insbesondere Selektionsverfahren entwickelt, die eine einfache intuitive Steuerung eines autonom agierenden Roboterarmes ermöglichen. Ein Video darüber finden Sie hier.
In-Ear-BMI (als Teilprojekt des Forschungscampus STIMULATE)
Dieses Projekt umfasste die Entwicklung und Implementierung von Hard- und Softwarekomponenten für ein miniaturisiertes, als Smartphone-Erweiterung realisiertes System zur Erfassung von EEG‐Signalen aus dem Gehörgang. Forschungsziele waren u.a. die Entwicklung von geeigneten Elektroden und Elektrodenlokalisationen, dediziert miniaturisierten Verstärkern/Signalkonvertern und Smartphone-basierter Analysesoftware, die ausgehend von neurowissenschaftlichen Ansätzen spezifische Hirnfunktionsparameter aus dem EEG extrahieren kann.
- Open Science
Open Science
Die BMI-Gruppe ist überzeugter Unterstützer von Open Science. Wir publizieren hauptsächlich Open Access und stellen unsere Forschungsdaten in Repositorien zur Verfügung.
Data sets
Reintsema, L. H., Reichert, C. 2024. Hyperscanning brain-computer interface based on synchronous and asynchronous interindividual SSVEP signals. Zenodo, DOI: 10.5281/zenodo.10809098, zenodo.org/doi/10.5281/zenodo.10809098
Reichert, C., Dürschmid, S., Sweeney-Reed, C.M., Hinrichs, H. 2023. EEG recordings comprising evoked potentials related to attention to colored laminar stimuli. Zenodo, DOI: 10.5281/zenodo.8188856, zenodo.org/doi/10.5281/zenodo.8188856
Reichert, C., Klemm, L., Kalyani, A., Schreiber, S., Kühn, E. & Azanon, E. 2022. Finger kinematics of natural hand movements recorded by an exoskeleton data glove in younger and elderly persons. Universitätsbibliothek, DOI: 10.24352/UB.OVGU-2022-080, open-science.ub.ovgu.de/xmlui/handle/684882692/105
Reichert, C., Tellez Ceja, I. F. & Dürschmid, S. 2022. Spatial attention shifts to colored items - an EEG-based brain-computer interface. Otto von Guericke University Library, Magdeburg, Germany, 19.11.2020, DOI: 10.24352/UB.OVGU-2020-155
- Ausgewählte Publikationen
Ausgewählte Publikationen
Reichert C, Sweeney-Reed CM, Hinrichs H and Dürschmid S (2024) A toolbox for decoding BCI commands based on event-related potentials. Front. Hum. Neurosci. 18:1358809. https://doi.org/10.3389/fnhum.2024.1358809
Krueger J, Krauth R, Reichert C, Perdikis S, Vogt S, Huchtemann T, Dürschmid S, Sickert A, Lamprecht J, Huremovic A, et al. 2022. Functional electrical stimulation driven by a brain–computer interface in acute and subacute stroke patients impacts beta power and long-range temporal correlation. In 2022 IEEE Workshop on Complexity in Engineering (COMPENG). IEEE. https://doi.org/10.1109/COMPENG50184.2022.9905448
Reichert C, Dürschmid S, Sweeney-Reed CM, Hinrichs H. 2022. Visual spatial attention shifts decoded from the electroencephalogram enable sending of binary messages. In 2022 IEEE Workshop on Complexity in Engineering (COMPENG). IEEE. https://doi.org/10.1109/COMPENG50184.2022.9905445
Reichert C, Klemm L, Mushunuri RV, Kalyani A, Schreiber S, Kuehn E, Azañón E. 2022. Discriminating Free Hand Movements Using Support Vector Machine and Recurrent Neural Network Algorithms. Sensors. 22(16):1-12. https://doi.org/10.3390/s22166101
Reichert C, Tellez Ceja IF, Sweeney-Reed CM, Heinze H-J, Hinrichs H, Dürschmid S. 2020. Impact of Stimulus Features on the Performance of a Gaze-Independent Brain-Computer Interface Based on Covert Spatial Attention Shifts. Frontiers in Neuroscience. 14:591777. https://doi.org/10.3389/fnins.2020.591777
Will M, Peter T, Hanses M, Elkmann N, Rose G, Hinrichs H, Reichert C. 2020. A robot control platform for motor impaired people. In 2020 IEEE International Conference on Systems, Man, and Cybernetics (SMC). IEEE. pp. 2025-2030. (Conference Proceedings - IEEE International Conference on Systems, Man and Cybernetics). https://doi.org/10.1109/SMC42975.2020.9283104
Reichert C, Dürschmid S, Hinrichs H. 2020. EEG als Steuersignal: Gehirnaktivität entschlüsseln und effizient als Kommunikationsmittel für Patienten mit motorischen Defiziten nutzen. Klinische Neurophysiologie. 51(3):161-166. https://doi.org/10.1055/a-1135-3782
Hinrichs H, Scholz M, Baum AK, Kam JWY, Knight RT, Heinze HJ.(2020) Comparison between a wireless dry electrode EEG system with a conventional wired wet electrode EEG system for clinical applications. Sci Rep.;10(1):5218. doi: 10.1038/s41598-020-62154-0.
C. Reichert, S. Dürschmid, M.V. Bartsch, J.M. Hopf, H.-J. Heinze, H. Hinrichs, 2020, Decoding the covert shift of spatial attention from electroencephalographic signals permits reliable control of a brain-computer interface. Journal of Neural Engineering, doi: 10.1088/1741-2552/abb692
A. Farahat, C. Reichert, C.M. Sweeney-Reed, H. Hinrichs, 2019, Convolutional neural networks for decoding of covert attention focus and saliency maps for EEG feature visualization. Journal of Neural Engineering 16(6), doi: 10.1088/1741-2552/ab3bb4
Kam JWY, Griffin S, Shen A, Patel S, Hinrichs H, Heinze HJ, Deouell LY, Knight RT (2019). Systematic comparison between a wireless EEG system with dry electrodes and a wired EEG system with wet electrodes. Neuroimage. 2019 Jan 1;184:119-129. doi: 10.1016/j.
Rosenow F, Audebert H J, Hamer H M., Hinrichs H, Keler-Uberti S, Kluge T, Noachtar S, Remi J, Sotoodeh A, Strzelczyk A, Weber JE, Zöllner JP (2018). Tele-EEG: Aktuelle Anwendungen, Hindernisse und technische Lösungen, Klinische Neurophysiologie. 49, 4, S. 208-215.
- Drittmittelprojekte
Drittmittelprojekte
2024-2026
Untersuchung von visuell-räumlicher Aufmerksamkeit auf Eignung als Steuersignal eines Brain-Computer Interfaces
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5217618732019-2022
Diagnostic Glove: Disease Diagnoses in Daily Life from Wearable Kinematics
CBBS-Neuronetzwerke
Funding by the federal state of Saxony-Anhalt and the „European Regional Developement Fund“ (ERDF 2014-2020),
Vorhaben: Center for Behavioral Brain Sciences (CBBS), FKZ: ZS/2016/04/781132018-2020
Medizin und Digitalisierung, Landesförderung
(gemeinsam mit H.J. Heinze, O. Speck, E. Düzel)2016-2019
Home – Entwicklung eines Home-Monitoring-Systems neurologsicher und anderer klinischer Parameter zur Erhaltung der Häuslichkeit, AiA-EFRE-/Landesförderung
(gemeinsam mit H.J. Heinze)
2016-2019 - Erste Förderperiode
2019-2021 - Zweite Förderperiode2016-2019
BMBF Forschungscampus STIMULATE, TP BMI
- Kooperationspartner
Kooperationspartner
Intern
Extern
- Ariel Schoenfeld, Kliniken Schmieder Heidelberg
- Georg Rose, OvGU Medizintechnik und STIMULATE
- Catherine Sweeney-Reed, OvGU Neurology
- Mandy Bartsch, Donders Institute for Brain, Cognition and Behaviour
- Robert T. Knight, UC Berkeley
- Oren Shriki, University of the Negev
- Videos
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